Die Zeiten gendern sich!
Warum gibt es so viel Gegenwind?
Meine Gedanken und Fragen an Gender-Kritiker*innen?

gendern

[lwptoc]

“Einfach mal die Kirche im Dorf lassen”, antwortete eine Instagram Userin am Ende ihres hitzigen Plädoyers für das generische Maskulinum und gegen das Gendersternchen, auf einen Kommentar von mir zum Thema, warum ich Gendern gut finde.

Diese Worte treffen den Nagel auf den Kopf. Das ist ein wunderbarer bildlicher Vergleich, warum sich doch einige Menschen (darunter auch Frauen) so schwer tun mit der Akzeptanz des Gendersternchens. Scheinbar wünschen sie sich die “gute alte Zeit” zurück, wo noch alle(s) “normal” war(en), noch kein Genderwahn ausgebrochen war. Das beschauliche Dorf mit dem Kirchturm in der Mitte, wo jeder jeden kennt und alle vermeintlich gleich gestrickt sind. Ein begrenzter Raum über dessen Ränder hinaus man nicht blicken mag. Ein Idyll, indem alles funktioniert, da alle vom gleichen Schlag sein müssen. Dass es non-binäre Menschen gibt, damit setzt man sich lieber nicht auseinander. So was hat es nicht zu geben und wenn, dann ist das eine Minderheit, wieso sollte die Mehrheit also ihre Sprach- und Schreibgewohnheiten anpassen? Ist das nicht demokratischer, gleicher, ehrlicher, was die Mehrheit möchte?

Doch blickt man so darauf, wird man bald feststellen, dass die bisher ausgeschlossenen Gruppen in der Mehrheit wären: circa 50% Frauen plus drittes Geschlecht. Dieses Argument zählt also nicht.

Der Arzt

Sprache funktioniert automatisch, den Gendergap im Gesprochenen einzubauen erfordert nach 30, 40, 50 oder mehr Jahren natürlich erstmal etwas Mühe, weil man aktiv nachdenken muss und es nicht automatisiert stattfindet. Jedoch hat man klar festgestellt, dass die meisten Menschen zunächst an eine Gruppe Männer denken, wenn nur in der männlichen Form geredet wird. Da kann man noch so oft betonen, dass ja hier alle immer mitgemeint seien.

Ein Vater und sein Sohn haben einen Autounfall. Der Sohn wird schwer verletzt ins Krankenhaus eingeliefert. Ein Ärzteteam eilt herbei. Ein Arzt sagt entsetzt: “Tut mir leid, ich kann nicht operieren, das ist mein Sohn.”
Wie ging es dir gerade? Die allermeisten Leute stolpern hier und überlegen kurz, ob der Junge denn zwei Väter hat (was ja auch in Ordnung wäre). Hier ist jedoch tatsächlich die Mutter gemeint, was jedoch mit der Bezeichnung “Arzt” nicht ersichtlich wird. Im Gegenteil, die meisten haben erstmal einen Mann vor Augen, wie das Beispiel zeigt. Frauen, die weiterhin an der männlichen Bezeichnung festhalten, möchte ich gerne Fragen: warum möchtet ihr nicht sichtbar werden?

“Gendern stellt die Unterschiede doch erst recht heraus!”

Oft wird zudem argumentiert, dass es zu umständlich sei und den Lesefluss unterbreche. Lohnt es sich denn nicht, etwas Mühe aufzubringen, um danach in einer bunteren, inklusiveren Welt zu leben, wo alle wertgeschätzt werden?

Hier kommt dann meistens die Entgegnung, dass Gendern ja gerade die Unterschiede herausstelle. Ja genau, kann ich da nur sagen. Alle sind unterschiedlich, das bedeutet ja genau auch Inklusion, dass alle dabei sind, so unterschiedlich jeder auch sein mag, aber alle haben die gleichen Rechte und Möglichkeiten und werden gesehen. Eben keine Gleichmacherei der Menschen, sondern der Lebensqualität für jeden.

 

Der weiße, heterosexuelle Cis-Mann

Meine größte Frage ist jedoch: Warum wehren sich am meisten die Menschen, die doch eh privilegiert sind so sehr dagegen? Also weiße, heterosexuelle Cis-Männer 35+? Haben sie Angst davor ins Hintertreffen zu geraten? Oder ist es einfach Bequemlichkeit, weil ja der Status Quo gerade super für diese Gruppe passt. Sternchen und Co kommen da wohl dann recht ungelegen.

Wie siehst du das? Ich bin überzeugt vom Gendern, und versuche es nicht nur schriftlich, sondern auch mündlich einzusetzen. Auch wenn das nicht immer gelingt, aber das ist gar nicht mein Anspruch. Ich finde es einfach wichtig, sich mit den unterschiedlichen Lebenswelten auseinanderzusetzen. Diese Themen liegen mir am Herzen, denn auch so lässt sich die Welt gestalten!

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